Potenziale der Region nutzen
LINKE-Politikerrunde sprach am Altstadtsommer-Sonntag über Chancen und Risiken der Landes- und regionalen Entwicklung
Wenn eine Partei im Wahlkampf, Altstadtsommer hin oder her, zum Politischen Frühschoppen lädt, in dem nur eigene Leute auf dem Podium sitzen, ist der Zweck der Veranstaltung klar. Sie will gewählt werden und Stimmen von Unentschlossenen gewinnen.
Also stellten sich am Sonntag Vormittag des 25. August auf dem LINKE-Hof Claudia Sprengel, Andreas Bernig, Astrit Rabinowitsch und Claudia Wipfli den Fragen des parteilosen Medienmanns Andreas Trunschke aus Borkheide. Die Landtagskandidatin Claudia Sprengel will in den Landtag, der "alte Hase" Andreas Bernig kennt den Politikbetrieb seit Jahren. Sein Urteil über die Regierungsverantwortung seiner Partei, gerade der ersten Jahre, klingt ungewöhnlich scharf. Er sprach von schlechten Kompromissen, die mit dem Partner SPD geschlossen wurden. Hinzu komme das Verhalten der Regierungsvertreter als Arbeitgeber gegenüber den Gewerkschaften als Tarifpartner. Beides manchmal aus reinem Machtgebahren, so Bernig. Dafür sei man 2014 zurecht an der Wahlurne abgestraft worden. Vor ein paar Jahren sei endlich umgesteuert worden, so der ehemalige stellvertretende Polizeigewerkschaftsvorsitzende.
Aber, es ist auch viel erreicht worden von den Regierungs-LINKEN. Das Paritätsgesetz ist beschlossen, das Schulgesetz reformiert worden, um einheitliches Lernen zu ermöglichen. Das KITA-Gesetz setzte einen verbesserten Betreuungsschlüssel durch, das letzte KITA-Jahr ist beitragsfrei. Das alles kann in der Bilanz nachgelesen werden.
Die Direktkandidatin Claudia Sprengel, für das Thema Digitalisierung bekannt, gaubt, dass es im Landtag und in der Fraktion an frischen Ideen fehlt, die mit ihrer Generation in die Landtagsarbeit Einzug halten sollten. So sei die Digitalisierung, die eine Chance für das Land ist und die sowieso kommt, lange vernachlässigt worden. Manchmal gebe es sogar innerhalb der Städte Funklöcher. Mit ihren Netz beispielsweise gelang es ihr auf dem Altstadtsommerhof in der Magdeburger Straße nicht, sich über die Abfahrzeiten nach Brandenburg Havel zu erkundigen.
Ihren Wahlkreis hat Claudia Sprengel in der letzten Zeit ausgiebig kennenlernen können - fast nur per ÖPNV-Nutzung. Das Entgegenkommen vieler Menschen mit Lust an Veränderungen sei ihr dabei sehr positiv aufgefallen. Coole kulturelle Projekte habe sie kennengelernt, sei es das KoDorf in Wiesenburg, COCONAT in Glien oder "Der Winkel" in Bad Belzig, der eine Ausstellung über jüdisches Leben hervorgebracht hat und der Internet für Geflüchtete anbietet. Um nur einiges zu nennen. Darauf könne man aufbauen. Andererseits gebe es auch viel Frust, Menschen fühlen sich abgehängt.
Ein weiterer "alter Hase", sie möge dem Autor die laxe Bemerkung verzeihen, saß mit Astrit Rabinowitsch außerdem auf dem Podium. Sie muss den Flämingbewohnern eigentlich nicht mehr vorgestellt werden. Sie sei ein offener und optimistischer Mensch, es dauere eine Weile, bis man ihr den Spaß verderben könne. Deshalb sei sie 2019 noch einmal zur Kreistagswahl angetreten und holte die meisten Stimmen unter den LINKEN im Kreis. Eines ihrer Lieblingsprojekte ist der kostenfreie Schülerverkehr vom ersten Kilometer für den gesamten Landkreis inklusive der Städte Brandenburg Havel und Potsdam. Nutzbar nicht nur für die Schule, sondern auch für Freizeitaktivitäten. Nur müssten dafür die kreisfreien Städte mitspielen. Dort fehle es am Entgegenkommen, so eine Aussage des Landrats. Claudia Sprengel und Andreas Bernig sprangen ihr gleich zur Seite: die eine will das Thema in der Stadtverordnetenversammlung Brandenburg Havel einbringen, der andere im Landtag nach Fördertöpfen suchen. Na bitte!
Die Vierte im Bunde auf der Bühne ist Claudia Wipfli. Sie trat in diesem Jahr das erste Mal als Stadtverordnete an, und holte auf Anhieb über 400 Stimmen für sich und die städtische Linksfraktion. Aber so neu ist sie gar nicht. Schon sehr jung gründete sie das Infocafé "Der Winkel" mit. Außerdem wirkt sie im Diakonischen Werk. Die Stadtpolitik verfolgt sie schon seit längerem und hat sich manchmal gedacht, dass es gut wäre, wenn mehr weibliche junge Stimmen in die Entscheidung einbezogen würden. Nun will sie versuchen, mit Angela Heyer auch eigene Themen einzubringen. Über Impulse aus der Bad Belziger Einwohnerschaft ist sie auch de3shalb sehr froh.
Bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze in ihrer Region sieht Claudia den Tourismusbereich ganz vorn. Viele neue Ferienwohnungen seien entstanden, neue innovative Unternehmen haben sich angesiedelt, das Heilortkonzept wurde beschlossen. Spannend werde sein, wer daraufhin investiert und welche Synergien entstehen werden. "Auch im Gewerbegebiet gibt es neue Entwicklungen." Etwa neue Bewerber? Die Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion jedenfalls ist positiv gestimmt und optimistisch.
Nach einer Talk-Pause, von Liedermacher Hans Flake musikalisch überbrückt, will Moderator Andreas Trunschke wissen, welches die Lieblingsprojekte der Politker in der Region sind. Während Andreas Bernig die Offene Kirche Göhlsdorf anführt die ein Projekt begann, das die Stärken von Jung und Alt zusammenführt und dafür 277000 Euro Sanierungsmittel für die Kirche zur Verfügung gestellt bekam, Claudia Sprengel Projekte wie COCONAT Klein-Glien und das Infocafé "Der Winkel" in Bad Belzig lobt und einer Projektidee in Beelitz, den "Social Hack Day", alles Gute wünscht, wirft Astrit Rabinowitsch das Klinikum Ernst von Bergmann Bad Belzig in den Ring. Es als Krankenhaus der Grundversorgung, als Ankerpunkt für die medizinische Versorgung in der Region zu erhalten, ist ihr wichtigstes Anliegen. Noch immer hält der Landkreis 25,1 Prozent der Anteile daran. Es gilt außerdem, die Ärzte, Schwestern und das sonstige Personal in der tariflichen Bezahlung als auch bei den Arbeitsbedingungen zu unterstützen.
Zum Schluss greift der Moderator die Frage nach der Versorgung von Kindern mit gesundem, kostenlosem Schulessen aus regionalen Rohstoffen auf. Diese entstammt einer Meinungsumfrage auf einem Flipchart, das die Hofbesucher zum Mitmachen animiert hat. Claudia Wipfli unterstützt die Forderung sehr. Sie stehe auch im Wahlprogramm zur Kommunalwahl. Und es gebe Beispiele für ihre Realisierbarkeit. Das Kinderhaus in Lütte hat eine eigene Küche, die sich auch auf die Bedüfnisse der Mädchen und Jugen einstellen kann, auch, damit weniger Lebensmittel weggeworfen werfen.
Nicht eben zahlreich aber durchaus interessiert verfolgte das Publikum diesen Gedankenaustausch und ließ sich auch einbeziehen ins Frage-Antwort-Spiel. Inwieweit es das Wahlverhalten unentschlossener Wähler beeinflussen konnte, bleibt abzuwarten. Unabhängig davon ist es richtig, zum Altstadtsommer politische Gespräche anzubieten. Das nächste Angebot folge demnach am 30. August 2020.
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