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"Sag mir, wo du stehst"

Hartmut König, bekannter Liedermacher, besucht das Bad Belziger Stadtfest und gibt ein Konzert auf dem LINKE-Hof

Joana Dohrmann
Hartmut König

Diesen Song der Gruppe "Oktoberklub" - siehe Überschrift - kennt wohl nahezu jeder, der einen relevanten Teil seines Lebens in der DDR verbracht hat. Die LINKE Bad Belzig hat den Autor des Liedes, Hartmut König aus Berlin, Gründer des Oktoberklubs, zu einer Lesung zum Altstadtsommer nach Bad Belzig eingeladen. Sein Buch "Warten wir die Zukunft ab" bringt er dazu genau so mit wie seine Gitarre. Wir haben ihn vorab um ein Gespräch gebeten.


Sie sind promovierter Journalist, aber den meisten, die noch persönliche Erinnerungen an die DDR-Zeit haben, waren Sie als Liedermacher in Erinnerung. Sagen Sie den Lesern Ihres Buches, wofür Sie heutzutage stehen?
Hartmut König:  Das darf der Leser von einer Autobiografie erwarten, und auch im Alltag soll die Haltung des Schreibers kenntlich sein. So hatte ich die Songzeile „Sag mir, wo du stehst“ ja immer gemeint. Für mich heißt das: Sich in den Gefährdungen der Zeit für eine volksverbundene, lebendige Politik zu engagieren, die dem Sozial- und Demokratieabbau, der drohenden Klimakatastrophe, Fremdenhass, antisemitischen Pöbeleien, Kriegstreiberei, Geschichtsklitterung, russophoben Muskelspielen und irrationalem Aufrüstungswahn entschieden entgegentritt.

In der DDR mischten Sie in der Politik mit, brachten es gar zum stellvertretenden Kulturminister. Wo sehen Sie Unterschiede der DDR-Kulturpolitik zu der im heutigen Deutschland?
In der Bundesrepublik unterliegen Kunst und Kultur weitgehend einem Markt, der eine für jedermann erschwingliche Teilhabe nicht ermöglichen kann. Inhalte und Formen sind nahezu unbeschränkt, die Möglichkeiten ihrer geistigen Aneignung eher nicht. Die Beschränkungen in der DDR waren vor allem politischer und ideologischer Art. Engstirnige Realismus-Postulate und viel  Unduldsamkeit bei künstlerischen Widerreden zum Entwicklungsstand der Gesellschaft ließen Künstler in Zweifel oder Resignation fallen. Manche Hoffnungen, die sich Jahre nach den Schlägen des 11. Plenums (1965) wieder aufgebaut hatten, zerfielen in der Vorwende-Erstarrung endgültig. Aber auch und gerade in Krisenzeiten entsteht bemerkenswerte Kunst. Die Kultur- und Kunstlandschaft der DDR in ihren Beschränkungen zu markieren, würde ihr nicht gerecht. Der Osten hat eine phantastische künstlerische Vielfalt in die deutsche Nationalkultur eingebracht, wo sie sich reibt und mit neuem Interesse wahrgenommen wird, und dazu noch eine passable kulturelle Bildung der Ex-DDRler. Sie konnte sich auf eine tief gefächerte materielle Basis stützen, die weitgehend zerstört ist. Ich hoffe inständig, dass dieses erworbene Kulturniveau heutigen fremdenfeindlichen Verblendungen widerstehen kann.

Gibt es Entscheidungen, die Sie damals gefasst bzw. mitgetragen haben und heute bereuen?
Die gibt es. Sie berühren nicht meine Grundüberzeugungen, sondern dogmatische Anhaftungen, die ich damals für parteilich hielt. Im Kulturbereich betraf das, als ich noch im Zentralrat der FDJ arbeitete, z.B. unsere Konzeption für die Kulturkonferenz der FDJ von 1982, wo wir für DDR-Kunstwerke ideologische Noten verteilten und das selbstbewusste Credo nicht nur der betreffenden Künstler verletzten. Dieses Stigma überschattete später die Agenda unserer kulturpolitischen Angebote, so attraktiv und vielfältig sie auch waren. Ich hätte erkennen müssen, dass es einer Kunst bedurfte, die durch Vorschlag, Widerspruch und Streit den Gesellschaftsbau optimiert. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen, nur lernen.

Was dürfen diejenigen erwarten, die Ihre Lesung am Sonnabend im LINKE-Hof besuchen?
Da es eine Autobiografie ist – ein bisschen was aus allen Lebenslagen und -zeiten. Von den Liedanfängen, der Gründung der ersten deutschsprachigen Rockband in der DDR oder des Oktoberklubs, von einer urkomischen Begegnung mit Walter Ulbricht und einer nicht weniger denkwürdigen mit Udo Lindenberg, vielleicht wie wir Bob Dylan, Bruce Springsteen, Joe Cocker oder Bryan Adams zu Auftritten in die DDR holten, wie sich die Lebenskehren der DDR und ihr Untergang für mich anfühlten, und dass man gespannt sein darf auf Kommendes, schließlich heißt der Wälzer ja „Warten wir die Zukunft ab“. Ich bin noch bei der Auswahl. Die Gitarre habe ich vorsichtshalber auch dabei.

Lesung "Warten wir die Zukunft ab" und Konzert auf dem LINKE-Hof
Magdeburger Str. 22, Bad Belzig
Sonnabend, 24. 08., 14:15-15:30 Uhr


Buchtipp zum Thema

Buchtipp:

Warten wir die Zukunft ab

König erzählt sein Leben; verzahnt mit den politischen Ereignissen ergibt das eine kleine, hochinformative Geschichte der DDR, insbesondere aus kultureller Perspektive.

 

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