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Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger im Haushaltsverfahren

Sachkundige Einwohner und kommunaler Haushalt

Eine Zwischenstellung zwischen den Bürgerinnen/Bürgern und den Mitgliedern der gewählten Vertretung nehmen die „sachkundigen Einwohner“ ein.

Entsprechend § 43 Kommunalverfassung kann die Gemeindevertretung/ Stadtverordnetenversammlung (gilt ebenfalls für den Kreistag) neben Mitgliedern der Gemeindevertretung Einwohner, jedoch nicht Bedienstete der Gemeinde oder des Amtes zu beratenden Mitgliedern ihrer Ausschüsse berufen. Die „sachkundigen Einwohner“ haben zwar kein Stimmrecht, können aber aktiv an den Aussprachen in ihren Ausschüssen und somit auch an den Beratungen im Finanzausschuss teilnehmen. Da der Haushalt der Kommune in der Regel in allen Ausschüssen behandelt wird, wirken Bürgerinnen und Bürger bereits auf diese Weise an seiner Erarbeitung mit, auch wenn sie nicht gewählte Mitglieder der Vertretung sind.
Wird jedoch das Ziel verfolgt, eine größere Zahl von Bürgerinnen und Bürger stärker in die aktive Kommunalpolitik einzubeziehen, reichen die erwähnten Teilnahmemöglichkeiten nicht aus. Es stellt sich vor allem die Frage, wie die umfangreiche und schwierige Thematik Haushalt so aufbereitet werden kann, dass Mitwirkung inhaltlich möglich und auch anstrebenswert wird. Nimmt die Kommune das Ziel der direkten Bürgerbeteiligung ernst, sind die entsprechenden Angebote so attraktiv zu gestalten, dass sie Bürgerinnen und Bürger anziehen und nicht von vornherein abschrecken. Dieser Herausforderung gerecht zu werden, ist eine schwierige Aufgabe.

Eine weitere schwierige Herausforderung ist das Verhältnis von ehrenamtlicher Kommunalpolitik und hauptamtlicher Verwaltung. Die ehrenamtliche Vertretung sieht sich der hauptamtlichen Verwaltung gegenüber zumeist im Nachteil. Die Verwaltung verfügt über einen großen Informationsvorsprung. Oft gilt der Satz:
„Wer informiert, hat Recht.“

Aus Sicht der Vertretung kann bei direkter Bürgerbeteiligung und somit auch beim Bürgerhaushalt der Eindruck entstehen, dass sie von der Verwaltung übergangen wird. „Verbündet“ sich der hauptamtliche Bürgermeister direkt mit der Bürgerschaft, wo bleibt dann der Raum für die Vertretung? Insofern ist beim Bürgerhaushalt immer zu beachten, dass alle Akteure entsprechend einzubeziehen sind. Versucht zum Beispiel der Bürgermeister, die Vertretung auszuspielen, wird das Projekt scheitern.

Ehrlichkeit und Offenheit als Voraussetzung

Auf zwei weitere Grundvoraussetzungen soll hier hingewiesen werden. Derartige Projekte wie der Bürgerhaushalt setzen den Willen der Verwaltungsspitze voraus, sich wirklich für Bürgerinnen und Bürger zu öffnen. Geht es eher darum, sich nur symbolisch mit dem Thema Partizipation zu beschäftigen, ergeben sich Gefahren für die lokale Demokratie in der entsprechenden Kommune. Weiterhin ist ein offener und ehrlicher Umgang mit den Möglichkeiten und vor allem den Grenzen eines solchen Projektes geboten.
Wer falsche Hoffnungen weckt, wird enttäuschte Bürgerinnen und Bürger zurücklassen, die sich nicht so bald wieder für die kommunale Demokratie begeistern lassen. Es sollte also klar aufgezeigt werden, wie weit der direkte Einfluss reicht und wie groß oder klein die finanziellen Spielräume der Kommune sind

Was ist nun aber der Bürgerhaushalt? Was versteckt sich hinter diesem Instrument?

Seinen Ursprung hat der Bürgerhaushalt in Porto Alegre, einer brasilianischen Stadt. Inzwischen hat er seinen Siegeszug auch in Deutschland angetreten. Inwieweit sich dieser Siegeszug zeigt, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht eingeschätzt werden. Die Internet-Suchmaschine Google liefert unzählige Einträge zum Thema, erfolgreiche und umfassende Umsetzungen sind demgegenüber kaum zu finden.

Im Kern geht es beim Bürgerhaushalt darum, Bürgerinnen und Bürgern Wege zu eröffnen, direkten Einfluss auf die Schwerpunktsetzung im Haushalt zu nehmen. Ihre Anregungen sollen in den Haushalt eingearbeitet werden. Besondere Bedeutung kommt der praktischen Durchführung des Projekts Bürgerhaushalt, also der Frage zu, wie Bürgerinnen und Bürger ihre Anregungen und Vorschläge ganz konkret äußern können und wie sie in das Verfahren einfließen. Es bedarf auch einer Einigung darüber, wie die eingehenden Vorschläge gewichtet werden:
Wird über sie noch einmal abschließend durch die Bürgerschaft abgestimmt oder übernehmen die Stadtverordneten die Auswahl?

Bei wie vielen Veranstaltungen und in welcher Form kann Einfluss genommen werden?
Wird das Internet oder auch die klassische postalische Form für das Verfahren genutzt?
Wird von der Bürgerschaft gesprochen, so handelt es sich dabei zumeist nicht um eine homogene Gruppe. Innerhalb der Bürgerschaft können sich Interessen(gruppen) auf ganz unterschiedliche Arten zusammenfinden und organisieren. Hieraus ergibt sich die Frage, wie z.B. mit Vereinen, Initiativen und sonstigen Gruppen im Verfahren umgegangen wird.

 

Von A wie Abfallbeseitigung bis Z wie Zoo

Kommunen erfüllen eine fast endlose Anzahl von Aufgaben
(Das Parlament Nr. 01-02 / 03.01.2005)


Es sind Haushaltsvolumen sowie die Teile des Haushalts zu bestimmen, die durch den Bürgerhaushalt zu beeinflussen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele Teile des Haushalts kaum oder gar nicht durch die Kommunalpolitik zu beeinflussen sind. Sie entziehen sich somit auch dem Einfluss der direkten Demokratie. Um dem Verfahren eine ausreichende Verbindlichkeit zu geben, muss es nach der Haushaltsdurchführung immer wieder eine Rechenschaftslegung über die Umsetzung des Bürgerhaushalts geben. Dabei ist aufzuzeigen, welche Projekte umgesetzt wurden. Konnten nicht alle Ziele erreicht werden, sind dafür die Gründe offen zu legen.

Es wird deutlich, dass die Einführung des Bürgerhaushalts einer entsprechenden Vorbereitung bedarf. Deshalb bietet es sich an, schrittweise vorzugehen.

Ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr direkter Mitbestimmung im Finanzbereich ist die Schaffung von mehr Transparenz. Dazu gehört eine ausreichende Information über das Haushaltsgeschehen. Das betrifft sowohl die Inhalte als auch die Form der Information. Es reicht nicht aus, den Haushalt einfach nur zu veröffentlichen (z.B. im Internet). Die Sprache der Verwaltung ist so zu übersetzen, dass die Bürgerinnen und Bürger die wesentlichen Informationen schnell und leicht verständlich erhalten.
Dies hat u.a. die Stadt Cottbus versucht. Für den dortigen Haushalt gibt es ein „Haushalts-ABC“, das die wichtigsten Begriffe erklärt und weitere Informationen zum Haushalt enthält. Für den Bürger aufgearbeitete Informationen über den Haushalt bietet auch die Gemeinde Panketal.

Wer sich intensiver mit dem Prozess in Potsdam beschäftigen möchte, dem sei eine Publikation von PD Dr. Jochen Franzke und Prof. Dr. Heinz Kleger (Hrsg.) empfohlen: Kommunaler Bürgerhaushalt in Theorie und Praxis am Beispiel Potsdams: Theoretische Reflektionen, zusammenfassende Thesen und Dokumentation eines begleitenden Projektseminars: Potsdam Universitäts-Verlag 2006.

Als erfolgreiches Beispiel für die Einführung eines Bürgerhaushaltes gilt das Projekt des Berliner Stadtbezirkes Lichtenberg.

 

Was kann jeder Einzelne tun?

Unabhängig davon, ob es in Ihrer Stadt, Gemeinde, im Amt oder im Landkreis ein offizielles Projekt zum Bürgerhaushalt gibt oder nicht: lassen Sie aus dem Haushalt der Kommune einen Bürgerhaushalt werden! Fragen Sie die kommunalen Vertreter nach dem wichtigsten jährlich zu fassenden Beschluss.
Drängen Sie auf Transparenz! Kommune lebt durch die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Wenn Sie sich einmischen, wird aus diesem Sonntagsspruch Realität in den Städten, Gemeinden und Landkreisen Brandenburgs.

 

Linktipps:

Bürgerhaushalt
Die Online-Plattform versteht sich als zentrale, bundesweite Anlaufstelle zu dem Thema

Bürgerhaushalt
Materialien zum Thema Bürgerhaushalt

Bürgerhaushalt in Großstädten
Broschüre der Bundeszentrale für politische Bildung (PDF)