Smart Village, Smart City, eine städtische App

Die Bad Belzig App bietet seit 2019 Infos über und um die Kreisstadt. / Foto: LINKE Bad Belzig

Bad Belzig ist bekannt für die Burg Eisenhardt, den mittelalterlichen Stadtkern, für enge Gassen und uhrige Stadtfeste. Der Kontrast zu den ganz aktuellen Entwicklungen scheint erheblich. Denn seit wenigen Jahren dreht sich vieles um das Thema Bit und Byte, um Computer und Apps. Kurz um kommunale Digitalisierung. Dabei kann sich die Stadt auf breite Unterstützung von starken Partnern stützen.

Einer dieser Partner ist der CoWorking Space Coconat (Coconut) aus Klein Glien, ein inzwischen über die Landesgrenzen hinaus bekanntes Unternehmen am Fuße des Hagelberg in Klein Glien. Es bietet auf dem alten Gutshof Arbeitsstationen für mobile Arbeit an, an denen man zeitweise, so wie man es benötigt, Projekte entwickeln kann. Coconut ist inzwischen gut in der Region involviert. 2018 war es Partner der Stadt Bad Belzig im Wettbewerb Smart Village Brandenburg der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb). Eine sehr fruchtbare Partnerschaft, denn im April des Jahres wurde das gemeinsame Projekt landesweit zum Sieger erklärt.

Digitales Leben auf dem Lande entwickeln

Auf dieser Basis gründete sich ein Jahr später der Smart Village e.V., der die Gemeinde Wiesenburg mit ins Boot nahm. Die Digitalisierung des Arbeitens und Lebens auf dem Lande zu verbessern und Wiesenburg/Bad Belzig zu einem Reallabor und Vorreiter im Bereich ländliche Entwicklung zu entwickeln ist ein Satzungsziel des Vereins. Zur Umsetzung ihrer Ziele können die Vereinsmitglieder auf mehr als 250.000 Euro Fördermittel zurückgreifen.  
smart-village.net / www.cocolab.coconat-space.com/

Suche nach Bad Belzig im App- bzw. Playstore lohnt sich

Ein weiterer Meilenstein der Digitalisierung war die Bad Belzig App. Von der Staatskanzlei mit 65.000 EUR gefördert, informiert sie seit August 2019 über Neuigkeiten in und um Bad Belzig. Inzwischen ist die Kreisstadt am Rande des Hohen Flämings Modellkommune zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Dazu schloss die Stadt eine Kooperationsvereinbarung mit dem Innenministerium zur Einbindung einer flexiblen Online-Terminverwaltung, des Ratsinformationssystems und des bundeseinheitlichen mobilen Warnsystems"MoWas" in die App.
Für deren Erfolg spricht, dass die von Beginn an als Open Source Lösung entwickelte Smart Village App von neun weiteren Kommunen in Brandenburg übernommen wurden und künftig in einer interkommunalen Kooperation betrieben und weiterentwickelt werden soll.

Digitale Beteiligung der Öffentlichkeit erwünscht

Den Gedanken der breiteren Bürgerbeteiligung wird das Modellprojekt Regionales Open Government Labor "Alles aus offen" in die Breite tragen.
Gemeinsam mit der Gemeinde Wiesenburg/Mark und weiteren Partnern der Zivilgesellschaft hat die Stadt einen Antrag zur Aufnahme in das Förderprogramm "Regionale Open Government Labore" des Bundeministerium des lnnern, für Bau und Heimat (BMl) gestellt. Unter 36 Bewerbern wurde der Antrag aus der Kreisstadt von Potsdam-Mittelmark als einer von 13 Fördervorhaben ausgewählt.
Ziel des Programms ist es, "die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung für die Stärkung der Beteiligung der Öffentlichkeit an den Prozessen der Verwaltungsentscheidung und der Kommunalpolitik auszuloten und umzusetzen". Klingt etwas bürokratisch, aber ein ganz praktisches Tool zur Öffentlichkeitsbeteiligung ist in Vorbereitung. Das Tool heisst CONSUL und es fußt auf fünf Säulen: Bürgerhaushalte (Bürgerinnen und Bürger können Ausgabenvorschläge für Teile des städtischen Budgets machen); Vorschläge (Bürgerinnen und Bürger können neue Ideen einbringen und unterstützen); Abstimmungen (es kann sowohl über Vorschläge von Bürgerinnen und Bürger als auch von Institutionen abgestimmt werden); Debatten (Consul bietet eine Diskussionsplattform, die der Stadt Zugang zur öffentlichen Meinung verschafft); Mitarbeit an Satzungen (aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger daran).
In Bad Belzig ist geplant, in naher Zukunft CONSUL als Abstimmungstool zur Namensfindung des neuen Soziokulturellen Zentrums der Stadtbevölkerung zur Nutzung zu übergeben. Wer CONSUL in Aktion sehen will, die Stadt Würzburg verwendet es bereits für einige der fünf Säulen.
Weiterlesen: consulproject.nl/de/ | www.mehr-demokratie.de/themen/beteiligungs-software-consul/ | wuerzburg-mitmachen.de

Auch Verwaltungsprozesse stehen vor Veränderungen

Ende September erhielt Bad Belzig eine Projektaufnahmeurkunde des Bundesinnenministers für das Modellprojekt Smart City. Unter mehr als 70 Anträgen wurde dieses Projekt von einer Jury ausgewählt. ln der ersten Phase soll über einen Zeitraum von zwei Jahren eine Strategie für die Gestaltung des Transformationsprozesses der Digitalisierung in allen Bereichen der integrierten Stadtentwicklung erarbeitet werden. Hier geht es um die digitale Umgestaltung von Prozessen in der Verwaltung, der Kommunalwirtschaft, Mobilität, im Bereich Wohnen, Arbeit, Wirtschaft, Bildung, Gesundheit  und Tourismus.
ln den darauffolgenden fünf Jahren sollen die während der Strategiephase entwickelten Digitalisierungsprojekte umgesetzt werden. Die Planungen dieser Aufgaben reichen bis in das Jahr 2027. Bis dahin werden sechs Millionen Euro investiert worden sein. Wiesenburg und Bad Belzig haben davon zehn Prozent selbst zu tragen. Smart Village e.V., Neuland21 e.V. und der Landkreis Potsdam-Mittelmark, aber auch die städtischen Gesellschaften sind u.a. Partner dieses Entwicklungssprozesses.
Weiterlesen: ogy.de/smartcity-BadBelzig

Stadtverordnetenversammlung ist dabei

Übrigens, die 2019 gewählte Stadtverordnetenversammlung war ebenfalls Vorreiter in der kommunalen Digitalisierung. Seitdem kommen die Abgeordneten der Stadt nicht mehr mit zentimeterdicken Unterlagen in die Sitzungen, sondern mit ihren Notebooks, Netbooks bzw. Tablets. Der Spareffekt für den städtischen Haushalt muss enorm sein, bedenkt man, wie viel Papier nicht gedruckt werden musste, wieviele Druckerpartronen seitdem nicht verbraucht wurden. Zum Betrieb ihrer mobilen Geräte müssen die Abgeordneten nur ihren eigenen Strom mitbringen. Und einen gewissen nachhaltigen Einfluss hatte die SVV-Digitalisierung auch auf die Arbeitsweise des Gremiums. Noch nie war es für die Stadtverwaltung einfacher, ihre Kommunalvertreter umfassend und schnell über Neuigkeiten zu informieren.

Das alles lässt erahnen, dass das kommunale Leben in zehn Jahren. das Wirken der Kommunalverwaltungen und -vertretungen sich von dem in der Vergangenheit und zum Teil auch Gegenwart sehr unterscheiden wird. Ob aber  davon alles besser werden wird, wird sich noch erweisen müssen.